Kategorie: Geschichte, Veranstaltungen
Zeitzeugengespräche am BORG Egg
Vor 78 Jahren wurden die Konzentrationslager der Nationalsozialisten in Deutschland von den Alliierten befreit: Das Vernichtungslager in Auschwitz im Jänner 1945 durch die Sowjets, im April 1945 weitere Lager durch die US-Truppen, darunter Buchenwald, Dachau und Flossenbürg. Noch am 9. April 1945 wurde mit Dietrich Bonhoeffer der wohl prominenteste Insasse dieses Konzentrationslagers auf ausdrücklichen Befehl von Adolf Hitler hingerichtet. Zehn Tage später folgte die Räumung des Lagers durch die SS und ca. 15.000 Häftlinge mussten zum „Todesmarsch“ (entlang der Route wurden 5.000 Tote entdeckt) nach Dachau aufbrechen. Nach 60 Kilometern wurden die Marschierenden dann durch die US Truppen befreit. Unter diesen Häftlingen war auch Ernst Reiter.
Am Mittwoch, dem 25. Jänner 2023) erzählte Ernst Reiters Tochter Ingrid Portenschlager den 8. Klassen des BORG Egg die Geschichte ihres Vaters. Begleitet wurde sie von Irene Hubmann, die als Mauthausenguide die Erzählungen in den Gesamtkontext der NS-Geschichte einbettete. Organisiert vom Verein Lila Winkel wurde dieses Zeitzeugengespräch für die SchülerInnen wohl zu zwei der eindrücklichsten Stunden an der Schule.
Ingrid Portenschlager ist somit eine Zeitzeugin der zweiten Generation. Sie wurde als"„Kind eines KZ-Häftlings“ verspottet, von den LehrerInnen als „Judenkind“ zurechtgewiesen und musste erfahren, wie sehr sich die Inhaftierung des Vaters im KZ auf ihr tägliches Leben auswirkte. Prägend war ein Satz ihres Vaters: „Kein Brot ist hart - hart ist, wenn man kein Brot hat.“
Ernst Reiter verweigerte den Wehrdienst, wurde 1938 inhaftiert und zwei Jahre später ins KZ Flossenbürg gebracht. Von da an war er nicht mehr „Ernst Reiter“, sondern nur noch die Häftlingsnummer „1935“. Sieben lange Jahre war er der Willkür und Grausamkeit der Aufseher ausgesetzt, überlebte Krankheit, Folter und Hoffnungslosigkeit. Die Betroffenheit während des Vortrages war greifbar, die Schilderungen hart und die Bilder schockierend. Ingrid Portenschlager sieht es jedoch als ihre Pflicht, die Geschichte ihres Vaters zu erzählen und aufzuzeigen, wozu Intoleranz, Vorurteile und Verhetzung führen können.
Mut machte jedoch ihre abschließende Botschaft: "Alle machen Fehler, niemand ist perfekt. Und trotzdem sollte man immer das Gute im Menschen sehen - Toleranz, Offenheit und Wertschätzung sind die höchsten Güter." (Markus Flatz im Namen der Geschichtelehrer der 8. Klassen)