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03.03.2024 05:50 Alter: 269 days
Kategorie: Exkursionen, Latein

Gesetz oder Gewissen: LateinschülerInnen bei "Antigone"


(c) Jan Friese

(c) Jan Friese

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(c) Jan Friese

Am Samstag, den 2. März trafen sich sieben LateinschülerInnen der 8. Klassen um 19.45 Uhr beim Bregenzer Theater Kosmos, um eine Aufführung von "Antigone" zu besuchen.

Nach der Übersetzung und Interpretation der Tragödie um Ödipus, der schuldlos schuldig wird, weil er unwissentlich seinen Vater tötet und seine Mutter heiratet, bot sich der Besuch einer Aufführung der sich direkt daran anschließenden Geschichte um "Antigone", die gleichzeitig Tochter und Schwester von Ödipus ist, an.

Michael Köhlmeier hat die klassische, vor 2500 Jahren entstandene Tragödie von Sophokles fürs Schauspielhaus Salzburg adaptiert, die nun vom koproduzierenden Theater Kosmos mehrmals in Bregenz aufgeführt wurde.

Eine leere Bühne erwartete das Publikum im ausverkauften Saal. Eine quadratische braune Fläche, auf die von der Decke fast durchgehend Sand rieselt, reicht Regisseur Robert Pienz und Ausstatterin Ragna Heiny aus. Nichts lenkt den Blick von den Schauspieler:innen und ihren Worten ab.

Dramatisch ist der Einstieg mit dem Schwertkampf zwischen Antigones Brüdern Polyneikes und Eteokles. Sowohl letzterer, der seine Macht entgegen der Vereinbarung nicht abgeben wollte, als auch ersterer, der sich diese ihm zustehende Macht mit Gewalt mit Hilfe eines feindlichen Heeres verschaffen wollte, kommen dabei um.

Die Grundlage für das Stück ist damit gesetzt. Denn während der neue Herrscher Kreon, der zugleich Onkel der Brüder und Antigones ist, ein Bestattungsverbot über Polyneikes, den er zum Staatsfeind erklärt, verhängt, folgt Antigone ihrem Gewissen und streut Sand über den toten Bruder.

Ein Disput über weltliches Gesetz und Gewissenspflicht folgt so, und während Antigones Schwester Ismene sich aus Angst zurückhält, zeigt die Titelfigur selbst Entschlossenheit. Sie verlacht den Herrscher, der betont, dass er den Staat immer vor persönliche Interessen stellen werde und auch Antigone zur Rechenschaft ziehen werde. Seiner Unerbittlichkeit, die letztlich nur aus Schwäche resultiert, steht ihr "nicht mit-zu-hassen, sondern mit-zu-lieben bin ich geboren".

Mit Leidenschaft spielt Magdalene Lermer die junge Frau, die sich von der staatlichen Macht nicht einschüchtern lässt, sondern zu ihrer Meinung steht und ihren Weg geht, stark ist auch Olaf Salzer als ihr Gegenpart Kreon, während Johanna Egger eindringlich die Angst und Unsicherheit Ismenes vermittelt.

Den antiken Chor hat Köhlmeier durch drei Berichterstatter ersetzt. Mitläufer kann man in ihnen sehen, wenn sie immer wieder vor Kreon zurückschrecken und betonen nur zu berichten, aber keine eigene Meinung zu vertreten. Gleichzeitig kann Köhlmeier mit ihnen seiner Lust am Erzählen frönen, wenn dieses ungleiche Trio, das auch für Witz sorgt, nicht nur den berühmten Monolog "Nichts ist ungeheurer als der Mensch" präsentiert, sondern auch andere griechische Mythen in den Theaterabend einwebt.

Rene Eichinger, Michael Zehentner und Michael Graf fassen nämlich die Geschichte von Ödipus ebenso kurz zusammen wie sie mit Kadmos Einblick in die mythische Entstehung Thebens bieten oder mit dem Mythos von Danae an das immer wiederkehrende menschliche Leid und die Unentrinnbarkeit gegenüber dem Schicksal erinnern.

Die Begeisterung der SchülerInnen über die minimalistische Aufführung mag sich in Grenzen gehalten haben, wie Köhlmeier aber den antiken Text modernisierte und die zeitlos aktuellen Themen von Gesetz und Gewissen und den verderblichen Auswirkungen einer sturen und jede Menschlichkeit und Empathie ignorierenden Macht schärfte, konnte doch packen und für einen Theaterabend mit Nachwirkung sorgen. (Walter Gasperi, Lateinlehrer)